Kurzübersicht
Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten ist eine Schlüsselentscheidung der Gesellschaft. Hier werden die Weichen dafür gestellt, ob so früh wie möglich die Auseinandersetzung mit eigenen und anderen Interessen, individuellen Ansprüchen sowie übergreifenden Gemeinschafts- und Gesellschaftsinteressen erlernt werden kann. Hier entscheidet sich auch, ob eine demokratische Gesellschaft an der Weiterentwicklung ihrer Demokratie interessiert ist. Alltagspartizipation darf dabei keine mehr oder weniger exotische Ausnahme im Leben von Kindern und Jugendlichen sein, sondern muss zum Regelfall werden. Wir brauchen eine breit angelegte und vielfältige Mitbestimmungskultur, die die politische Sozialisation von Kindern und Jugendlichen in der Bundesrepublik entscheidend prägt. Diese Mitbestimmungskultur muss – wie skandinavische Erfahrungen zeigen – zugleich eine Verantwortungskultur (Tiemann) mit sich bringen.
Eine solche Zielsetzung, die auf dem Hintergrund der Diskussion um die Bürgergesellschaft zu sehen ist, ist anspruchsvoll. Wenn sie erreicht werden soll, bedürfen die Prozesse zu ihrer Umsetzung einer kritischen Instanz. Es muss deutlich werden, woran man den Grad der Zielerreichung erkennen kann. Wir brauchen Maßstäbe für die Qualität dieser Prozesse, befinden uns also im Bereich des Qualitätsmanagements von Partizipation.
Im folgenden Beitrag wird nicht der gesamte Komplex des Qualitätsmanagements von Partizipationsprozessen beleuchtet, sondern nur dessen zentraler Aspekt: Es geht um Kriterien und Maßstäbe für „gute“ Partizipation. Dieser Beitrag muss in enger Verbindung zu den Ausführungen zum Thema „Evaluation“ (siehe A.22 u. A.23) in diesem Buch gesehen werden. Da Evaluation aber zweifelsohne ein herausgehobenes Kernelement jedes ganzheitlichen Qualitätsmanagement-Konzeptes ist und in vielen Fällen das einzige Mittel des Qualitätsmanagements bleibt, wird dieser Schwerpunkt hier nicht verkürzt behandelt, sondern in einem eigenen Abschnitt des folgenden Artikels erörtert. Dort wird auch der breitere Blickwinkel auf sämtliche Elemente des Qualitätsmanagements eröffnet (was hilfreich ist, wenn es z. B. um die Veränderung ganzer Organisationen geht, die Partizipation betreiben, und nicht nur um ein einzelnes, punktuelles Partizipationsprojekt). Deshalb erfolgt im vorliegenden Artikel eine Konzentration auf Qualitätskriterien und Standards.
Es geht im Folgenden um Kinder- und Jugenddemokratie im Sinne kommunaler Beteiligung. Dabei wird die innere Gestaltung der Einrichtungen, auf die eine Kommune keinen direkten Einfluss hat, weitgehend ausgeklammert – auch wenn sich dies im Einzelfall nicht immer konsequent durchhalten lässt (Schule, Jugendverbände, Vereine). Es wird aber durchaus Bezug genommen auf Einrichtungen, die im kommunalen Verantwortungsbereich liegen können (wenn auch nicht immer müssen): Kommunale Jugendpflege, Jugendzentren, Kindertagesstätten, Beratungsstellen usw. Dennoch wird die äußere Kommunikation und Vernetzung mit den anderen Einrichtungen und Organisationen in der Kommune (Schule usw.) thematisiert. Das Jugendamt und die entsprechenden Dienste stehen zwar für die meisten Städte und Gemeinden nicht in ihrem direkten Einflussbereich (mit Ausnahme der kreisfreien Städte), sollen aber wegen ihrer zentralen Bedeutung von Fall zu Fall einbezogen werden.
Das im Folgenden entwickelte Instrument ist ein Kriterienkatalog für gute kommunale Kinder- und Jugenddemokratie. Der „Qualitätsdialog Partizipation“ ist ein Kommunikationsinstrument: Die Personen, die sich damit auseinandersetzen, sollen ins Gespräch kommen über Gütekriterien guter Kinder- und Jugendpartizipation und sollen anhand der Kriterien reflektieren über ihre eigenen Kriterien und deren Weiterentwicklung, sollen sich austauschen und abstimmen. Der „Qualitätsdialog Partizipation“ schlägt begründete Kriterien vor, die dem wissenschaftlichen Diskurs der letzten Jahre und den entsprechen Forschungsprojekten zu diesen Fragen entnommen sind, lässt ihre Gewichtung aber offen und legt ein vorsichtiges Verständnis der Indikatoren zu den Kriterien zugrunde: Sie werden bewusst nur als Beispiele etikettiert, die die Nutzer ergänzen oder durch eigene Indikatoren austauschen können und im Dialog über die Kriterien weitere Antworten für die eigene Situation finden können.